Hinweisgeberschutzgesetz tritt in Kürze in Kraft – Pflichten für alle Arbeitgeber mit mindestens 50 Beschäftigten
Bereits Ende 2019 ist die sogenannte „Hinweisgeberrichtline“ der EU (2019/1937) in Kraft getreten. Diese in der Presse gerne genannte Whistleblower-Richtlinie hat den Zweck, dass Personen, die für eine öffentliche oder private Organisation arbeiten oder im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mit einer solchen Organisation in Kontakt stehen, und in diesem Zusammenhang auftretende Gefährdung oder Schädigung des öffentlichen Interesses häufig als Erste wahrnehmen, geschützt werden, wenn sie Verstöße melden. Das allgemeine Verfahren bei EU-Richtlinien sieht vor, dass diese durch die Mitgliedsstaaten in das jeweilige nationale Recht umzusetzen sind. Bei der Hinweisgeberrichtlinie lief die Umsetzungsfrist Ende Dezember 2021 ab.
Das aus der Richtlinie resultierende Hinweisgeberschutzgesetz wurde nach einem etwas verworrenen parlamentarischen Verfahren und der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU Ende Mai 2023 durch den Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen und am 02. Juni 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es wird am 02. Juli 2023 in Kraft treten. Ziel ist, in Umsetzung der Richtlinie, den Schutz von hinweisgebenden Personen vor Repressalien zu verbessern und damit die Aufdeckung von Fehlverhalten in der jeweiligen Organisation zu optimieren. Im Kern verbietet es also Repressalien gegen Hinweisgeber und ihre Androhung. So wird beispielsweise bei einer Benachteiligung (z.B. Kündigung, Abmahnung oder auch nur einer negativen Leistungsbeurteilung) nach einem erfolgten Hinweis gesetzlich vermutet, dass es sich um eine Repressalie handelt. Der Arbeitgeber hat sodann zu beweisen, dass die jeweilige Maßnahme einen anderen Grund hatte (Beweislastumkehr). Daneben droht dem Arbeitgeber, dass er sich einem Schadensersatzanspruch aussetzt.
Der Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes ist weit gefasst. Es erfasst praktisch alle ehemaligen und aktuellen Beschäftigten inklusive möglicher Leiharbeiter und aller Selbständigen, die für das Unternehmen Dienstleistungen erbringen oder es beliefern.
Die hinweisgebenden Personen genießen dann den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes, wenn sie Verstöße gegen Strafvorschriften, spezifische Bußgeldtatbestände (z.B. die verletzte Norm dient dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder Schutz der Rechte von Beschäftigten) und einer Vielzahl von weiteren Rechtsvorschriften im Hinblick auf europarechtliche Regelungen melden.
Das Gesetz sieht die Einrichtung externer und interner Meldestellen vor. Die externe Meldestelle des Bundes wird beispielsweise beim Bundesamt für Justiz eingerichtet. Für Unternehmen absolut relevant ist die Einrichtung der internen Meldestellen. Danach besteht die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen bei
- Unternehmen mit in der Regel mehr als 250 Beschäftigten ab dem 02. Juli 2023. Allerdings droht beim Fehlen des Meldekanals erst ab dem 01. Dezember 2023 das vorgesehene Bußgeld von bis zu 20.000 Euro.
- Unternehmen mit in der Regel zwischen 50 und 250 Beschäftigten ab dem 17. Dezember 2023. Auch hier droht bei Nichteinrichtung der Meldestelle ein Bußgeld. Vereinfachend kommt hier hinzu, dass mit anderen Unternehmen im Segment 50 bis 250 Mitarbeiter eine gemeinsame Meldestelle betrieben werden kann.
Unternehmen mit in der Regel unter 50 Beschäftigten werden von der Verpflichtung der Einrichtung einer internen Meldestelle nicht erfasst.
Bitte nehmen Sie die Verpflichtungen des Hinweisgeberschutzgesetzes, sofern Ihr Unternehmen betroffen ist, ernst, da die Einrichtung einer internen Meldestelle mit einigem Aufwand verbunden ist. So muss u.a
- das Meldeverfahren mündlich, schriftlich und auf Wunsch persönlich ermöglicht werden. Es besteht allerdings keine Verpflichtung, die Meldekanäle so einzurichten, dass diese die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen. Anonyme Hinweise sollen nach dem Gesetzestext bearbeitet werden.
- ein „Meldestellen-Beauftragter“ innerhalb des Unternehmens eingerichtet werden, der unabhängig handeln kann und über die notwendige Fachkunde verfügt. Eine ausschließliche Befassung mit dieser Aufgabe ist nicht erforderlich.
- die Vertraulichkeit des Hinweisgebers geschützt sein. Die Identität darf nur in Ausnahmefällen erwähnt werden.
- die Meldung des Hinweisgebers durch die interne Meldestelle innerhalb von 7 Tagen bestätigt und innerhalb von drei Monaten über die ergriffenen Maßnahmen informiert werden.
- bei entsprechenden Hinweisen Folgemaßnahmen, wie z.B. weitere Nachforschungen oder die Befassung der zuständigen Behörde ergriffen werden.
- die Meldung und die Maßnahmen dokumentiert und die Beschäftigten über die Meldemöglichkeiten(extern und intern) informiert Teil der Information sollte auch sein, dass unwahre Meldung ebenso eine Schadensersatzpflicht auslösen können.
- zusätzlich die sich ergebenden datenschutzrechtlichen Anforderungen und ggf. Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmervertretung beachtet werden.
Natürlich besteht auch die Möglichkeit, eine externe Lösung zu wählen und einen Dienstleister mit der Einrichtung und/oder Durchführung der Meldestelle zu beauftragen.
Verstöße gegen das Hinweisgeberschutzgesetz sind bußgeldbewehrt. Erfasst ist u.a. die Behinderung der Kommunikation, die Nichteinrichtung einer internen Meldestelle, das Ergreifen von Repressalien und die Nichtwahrung der Vertraulichkeit.
Vertiefend zu Thematik können wir Ihnen die Veröffentlichungen der Industrie- und Handelskammern ans Herz legen - Beispielhaft die der IHK Region Stuttgart. Hier wird auch eine Checkliste für Unternehmen veröffentlicht.
Es handelt sich bei den Rundschreiben der IHKen und hier natürlich um eine allgemeine Information. Bei konkreten Fragen kontaktieren Sie bitte Ihren Steuerberater oder Rechtsbeistand.